Pressestimmen


Intimes Aufbegehren

Von Christoph Bingel

Solinger Tageblatt vom 31.01.2011

Ein „intimes Aufbegehren" in der alten Schalterhalle
2. KAMMERKONZERT Streichquartett mit zwei grundverschiedenen Stücken.


Ein fesselndes Streichquartett-Programm war gestern beim 2. Kammerkonzert der Bergischen Symphoniker in der Alten Schalterhalle zu erleben. Gemünzt war das Motto „Intimes Aufbegehren" wohl vor allem auf das Streichquartett Nr. 3 F-Dur (op. 73) von Dimitri Schostakowitsch (1906 bis 1975): In seltener Differenziertheit und Ausdruckstiefe boten die vier Musiker - Mihalj Kekenj (Violine), Michael S. McGehee (Violine), Carol-Ann Traut (Viola) und Thomas Grote (Violoncello) - zu Beginn dieses aufwühlende Werk dar. Dessen Tonart lockt zunächst auf eine falsche Fährte, zumal F-Dur spätestens seit Beethovens sechster Symphonie mit pastoralen Assoziationen verknüpft ist.
„Ein ,Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande' ist aber hier nicht zu erwarten", stellte Grote einführend klar. Denn tief haben sich die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und des Stalinismus auch in dieses 1946 entstandene Werk eingegraben. So ist denn auch bereits der tänzerisch-graziöse erste Satz von Heiterkeit weit entfernt - schon bald werden die neoklassischen Muster von wildem Aufbegehren gesprengt: Welch furioser Auftakt! Auf elektrisierende Weise gestalteten die Musiker weiterhin musikalische Seelenlandschaften der Verzweiflung und Anklage: Schmerzliche Kantilenen, etwa der Bratsche, grelle Dissonanzen in höchsten Lagen, stockendes Staccato, gepaart mit gespenstischem Pianissimo, hämmernde Akkorde und groteskes Prestissimo - all dies gelang in atemberaubender Intensität. Spürbar war die Bewegung der Zuhörer, als das Werk im fahlen F-Dur ausklang: Grandios!
Als wollten sie doch noch einen heiteren Gegensatz bieten, interpretierten die Musiker im zweiten Teil wunderbar das Streichquartett Nr. 3 B-Dur von Johannes Brahms (1833-1897). Stürmischer Applaus!


Schostakowitsch und Brahms

VON ANJA JÄGER

Remscheider Generalanzeiger vom 25.01.2011

REMSCHEID „Intimes Aufbegehren" nannte eine kleine Gruppe der Bergischen Symphoniker das zweite Kammerkonzert im Teo-Otto-Theater. Sie spielte am Sonntag das Streichquartett Nr.3 in F-Dur, qp. 73, von Dimitri Schostakowitsch und das Streichquartett Nr. 3 in B-Dur, op. * 67, von Johannes; Brahms. „Beide Komponisten präsentieren ihre Gefühle unter einem Deckmäntelchen, die Gefühle werden immer etwas unterdrückt. Außerdem entrüsteten sich die Komponisten über die Umstände, ihrer Zeit", erklärte Violoncellist Thomas Grote den Titel des Programms. Wie von den Bergischen Symphonikern gewohnt, holte auch das Quartett - mit Mihalij Kekenj, Michael McGehee, Carol Ann Traut und Thomas Grote. - alles aus den beiden anspruchsvollen, teils sehr düsteren Werken heraus. Auf die deprimierenden Klänge wurde das Publikum vorbereitet: „Brahms fängt sich zwischendurch wieder, Schostakowitsch jedoch nicht. Daher werden die Klänge im ersteh Satz das letzte Heitere sein, das wir in seinem Streichquartett hören werden."
Der erste Satz begann auch recht heiter. Es mischten sich schnell leicht düstere Klängen hinein. Der erste Satz hatte.schon partiell etwas Bedrohliches. Nach diesen Teilen mit spürbarer Dramatik floss die Musik jedoch zurück in freundlichere Gefilde. Im zweiten Satz entfaltete sich die deprimierende Stimmung, die sich bis zum Ende durch das Werk zog.

Nuancen herausgearbeitet
Das Stück eignete sich bestens dazu, die Fertigkeiten der Musiker zu zeigen. Mühelos arbeiteten sie sich durch die anspruchsvollen Passagen, spielten perfekt jeden Ton heraus und genossen es, sich miteinander abzustimmen - und jede Nuance und Feinheit des Werkes herauszuarbeiten. Dank der Klangvielfalt, die .Schostakowitsch schuf, zeigte das Quartett, dass es Crescendi mitsamt Spannungsaufbau beherrschte, harte, abgehackte Töne aus ihren Streichinstrumenten nahezu wütend herausspielte. Aber auch die sanften Melodien wurden berührend vortragen. Diese schwebenden Klänge erlebte das Publikum hauptsächlich nach der Pause, beim Streichquartett von Brahms.
Die Musiker legten viel Gefühl in die Musik, schlossen oft die Augen und bescherten den Zuhörern ein besonders schönes Klangerlebnis. Zwar kam es auch mehrmals zu einem Spannungsaufbau, der hielt jedoch meist nicht allzu lange an. Perlende Läufe, berührende Passagen, teilweise recht lebhafte Partien und ein sehr melodiöser Schluss entließen die Besucher in vergnügter Stimmung.


Kost am Vormittag

Von Manfred Görgens

Bergische Morgenpost vom 25.01.2011

TEO OTTO THEATER
Kammerkonzert der Bergischen Symphoniker mit Schostakowitsch.

Remscheid. Schostakowitsch war angekündigt, Beethovens Allegro aus der Pastorale erklang am Sonntag beim 2. Kammerkonzert im Teo Otto Theater. Allerdings nur für ein paar Takte und rein aus Gründen der Didaktik. So heiter kann Musik sein. Thomas Grote (Violoncello) erklärte hernach, wie schwer Schostakowitschs Streichquartett Nr. 3 auf der Seele liegen kann und wie diese Musik aus den ersten Nachkriegsjahren sich gegen ihre Zeit aufbäumt. „Intimes Aufbegehren" war das Konzert überschrieben, „tiefe Schwermut" hätte ebenso gepasst. An einem so trüben Sonntag hätte man sich Beethoven weit mehr für eine Matinee gewünscht, aber die vier Musiker blieben beharrlich bei der düsteren Gangart.
Es schien, als hätten gerade Mi-halj Kekenj (Violine) und Carol-Ann Traut (Viola) darin eine Erfüllung gefunden, während Michael S. McGehee (Violine) und eben Thomas Grote die Schwere ein wenig abfederten. Dumpfe Ahnungen dröhnten da aus der Tiefe, flirrende Passagen drangen schrill und fordernd ins Ohr. Die großartige Dynamik des Quartetts ließ den Zuschauern keine Möglichkeit, sich dem Verlangen des Komponisten zu entziehen. Ein wahrlich harter Brocken, adäquat serviert, aber doch an den Grenzen dessen, was man an einem Sonntagmorgen konsumieren möchte.
Das Streichquartett Nr. 3 von Johannes Brahms vermochte nach der Pause das Blatt kaum noch zu wenden, obwohl es - wie von den Musikern angekündigt -„an einen sonnigen Frühlingstag erinnert". Zu sehr war die Richtung bereits geprägt, als das noch ein Entrinnen möglich gewesen wäre. So gelang den Musikern in prächtiger Darbietung ein harter Tiefschlag gegen das Wohlbefinden.


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